Stellungnahme der Gremienvorsitzendenkonferenz der ARD im Konsultationsverfahren zum MÄStV-E

(Beschluss: 13.1.2022)

Die Vorsitzenden der gesetzlichen Aufsichtsorgane der in der ARD zusammengeschlossenen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (ARD-GVK) nehmen nach eingehender Beratung, auch in den jeweiligen Rundfunk- bzw. Verwaltungsräten, im Rahmen der von der Rundfunkkommission der Länder durchgeführten Konsultation wie folgt Stellung zum MÄStV-E.

Prämisse

Die Gremienvorsitzendenkonferenz der ARD (ARD-GVK) sieht in der Einigung der Bundesländer auf den Entwurf für einen MÄStV mit dem Schwerpunkt "Auftrag und Struktur" einen grundlegenden Beitrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Der vorgelegte Entwurf gibt einen verlässlichen Rahmen für eine kontinuierliche Schärfung des öffentlich-rechtlichen Profils im weiteren Prozess der digitalen Transformation. Er schafft damit wichtige Voraussetzungen für eine zukunftsfeste Entwicklung. Gleichwohl sind aus Sicht der von mehreren Regelungen direkt betroffenen gesetzlichen Aufsichtsorgane einige Präzisierungen bzw. Anpassungen nötig:

1. Qualitätskontrolle der Angebote

1.1 Eine verstärkte Rechenschaftslegung der Anstalten über Qualität und Quantität ihrer Angebote und ihres Beitrags zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags sowie der Prozesse zu ihrer Überprüfung (gemäß § 31 (2b) MÄStV-E) begrüßen die Vorsitzenden der Aufsichtsorgane angesichts der gestiegenen Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (vgl. BVerfG 2018, Fn. 2, Rn. 80) ausdrücklich.

1.2 Diese vom MÄStV-E vorgesehene Weiterentwicklung und Systematisierung der Qualitätskontrolle durch die Rundfunkräte wird die Rundfunkanstalten bei der Erfüllung ihres Auftrags unterstützen. Sie kann die Akzeptanz der am Auftrag ausgerichteten Finanzierung stärken.

1.3 Die Rundfunkräte der ARD-Anstalten arbeiten bereits selbst auf eine effektivere Überprüfung der Einhaltung von Qualitätsstandards hin. Dies gilt sowohl für die Angebote der einzelnen Rundfunkanstalten als auch die gemeinschaftlichen Angebote der ARD. Eine staatsvertragliche Vorgabe, die verbindliche Grundsätze für die Festsetzung inhaltlicher und formaler Standards der Qualitätskontrolle vorgibt, würde die Bemühungen der Rundfunkräte und der ARD-GVK unterstützen, gemeinsame Standards und nachvollziehbare Verfahren innerhalb des Senderverbunds der ARD zu etablieren.

1.4 Gleichwohl appelliert die GVK an den Normgeber, auch weiterhin eine kooperative Aufsicht zu ermöglichen:

1.4.1 Nach Ansicht der ARD-GVK ist es Aufgabe der operativ für das Programm Verantwortlichen, zu definieren, welche inhaltlichen und formalen Qualitätsanforderungen im jeweiligen medialen Kontext gestellt sind. Diese sollten den Rundfunkräten regelmäßig zur Beratung und Entscheidung vorgelegt werden (= "Bringschuld der Operative"). Aufgabe der Rundfunkräte ist es, zu überwachen,
  • ob die Anforderungen von den Programmverantwortlichen richtig eingeschätzt wurden bzw. ggf. zu aktualisieren sind
  • ob geeignete Maßnahmen getroffen worden sind, damit die Programmmacher diesen Anforderungen entsprechen können
  • ob den Anforderungen im Konkreten entsprochen worden ist (= "Bringschuld der Aufsicht").
1.4.2 Dies ist ein iterativer Prozess, bei dem Rundfunkräte und Intendanzen aufeinander verwiesen sind. Eine originäre Zuständigkeit der Rundfunkräte für die Definition der Qualitätsanforderungen (gemäß § 31 (2b), Satz 1 MÄStV-E) könnte zu einer grundsätzlichen Verschiebung der Architektur der Aufsicht von einer nachlaufenden Kontrolle hin zu einer ex-ante-Kontrolle führen. Ein Vorrecht der Rundfunkräte bei der Definition der Qualitätsanforderungen würde die Unbefangenheit der Rundfunkräte bei der Überprüfung der Einhaltung und der Bewertung eventuellen Anpassungsbedarfs der Qualitätsanforderungen beeinträchtigen.

1.5 Eine transparente Abbildung des o.g. iterativen Prozesses im Bericht gemäß § 31 (2) MStV ist nach Ansicht der GVK umso wichtiger. Mit der jüngst von der ARD-GVK initiierten Profilierung dieses Berichts als verbindliche und „abrechenbare“ Selbstverpflichtung wurde dafür bereits die Grundlage geschaffen.

1.6 Die vom Normgeber dabei vorgesehene verpflichtende Berücksichtigung medienwissenschaftlicher Erkenntnisse und publizistischer Praxis unter wahlweiser Einbeziehung externer Expertise (vgl. § 31 (2b), Satz 3 u. 4 MÄStV-E) kann im Einzelfall hilfreich sein; wichtig ist, dass der Wesenscharakter der Rundfunkräte als Vertretung der Allgemeinheit erhalten bleibt, die (medien-)wissenschaftliche Erkenntnisse ebenso in ihre Bewertung einbeziehen wie die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft.

1.7 Die in § 31 (2), Satz 2 MÄStV-E vorgesehene Befassung der Landesparlamente mit dem Bericht nach § 31 (2) MStV stellt nach Ansicht der ARD-GVK eine begrüßenswerte Ergänzung der gegenüber den Landesparlamenten bereits heute bestehenden Berichtspflicht zur wirtschaftlichen und finanziellen Lage dar: eine alternierende komplementäre Befassung der Landesparlamente mit den programmlichen Zielsetzungen und den erbrachten Leistungen der Rundfunkanstalten ist notwendig, um die bislang auf Finanzielles beschränkte Befassung der Parlamente zu weiten. Deswegen begrüßt die ARD-GVK trotz des dadurch weiter erhöhten Aufwands diese zusätzliche Berichtspflicht der Anstalten.

1.8 Gleiches gilt für den lt. § 30 (2d) MÄStV-E künftig vorgesehenen institutionalisierten Austausch mit dem Publikum, dessen Ergebnisse allerdings in die Debatten der Rundfunkräte als institutionalisierter gesetzlicher Interessensvertretung der Allgemeinheit einfließen müssen, was vom Normgeber dann so auch explizit vorgesehen werden sollte, damit mittels eines direkten Austauschs der Programmverantwortlichen mit dem Publikum keine Umgehung der Rundfunkräte erfolgen kann.

1.9 Die ARD-GVK bittet, darauf zu achten, dass mit § 26 (1) Satz 7 MÄStV-E nicht Nutzer erster und zweiter Klasse geschaffen werden. Der Verweis auf "alle Bevölkerungsgruppen" würde eigentlich ausreichen. Berechtigte Zielsetzungen, wie etwa die, jungen oder behinderten Menschen die Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wieder mehr zugänglich zu machen bzw. deren Akzeptanz in der jüngeren Generation zu erhöhen, sind auch ohne die im Entwurfstext enthaltene Nennung und Gewichtung dieser Nutzergruppen umzusetzen. Durch einen Verzicht auf die Nennung bestimmter Nutzergruppen könnte ausgeschlossen werden, dass einzelne Gruppen vergessen werden, wie etwa Menschen mit Migrationsgeschichte, die in § 26 (1), Satz 7 MÄStV-E fehlen und dort ergänzt werden müssten, falls der Satz beibehalten wird.

1.10 Die ARD-GVK spricht sich dafür aus, dass zur Anwendung gebrachte Empfehlungssysteme bzw. Algorithmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gemäß § 30 (4), Satz 2 MÄStV-E gegenüber den zuständigen Aufsichtsorganen der Rundfunkanstalten transparent darzustellen und für einen breiten inhaltlichen Diskurs auch über mögliche Alternativen öffentlich zu machen sind. Festgehalten werden sollte ferner, dass die Grundsätze des Programms in § 26 (1 u. 2) MÄStV-E auch für diese Empfehlungssysteme gelten müssen.

1.11 Die ARD-GVK regt an, bei den Ausnahmeregelungen in § 30 (5), Nr. 2 MÄStV-E für Telemedienangebote auch Kurzfilme (die zumeist keine Auftragsproduktion sind) aufzunehmen. Dies würde es den Anstalten erlauben, einen Mehrwert für das Publikum zu schaffen und damit zugleich den filmischen Nachwuchs zu fördern.

2. Auftragsbeschreibung / genrebezogene Schwerpunktsetzungen, insbes. bei der Unterhaltung

2.1 Die GVK sieht beim Thema der Zulässigkeit von Unterhaltungsangeboten die Intention der Länder, die Anstalten zu einem verbindlicheren Bemühen um Profilschärfung im Bereich der Unterhaltung zu verpflichten. Hier gelten bereits die gesetzlichen Programmgrundsätze; ein öffentlich-rechtliches Profil von Unterhaltung gibt bereits die geltende Fassung des MStV in § 26 (1), Satz 6 vor. In der ARD-Selbstverpflichtung sollen daher ab der nächsten Ausgabe auch überprüfbare genre- und formatbezogene Qualitätsprofile für einzelne Sendungen bzw. Angebote enthalten sein.

2.2 Unterhaltung steht als integraler Bestandteil des substantiellen Kernbereichs des öffentlich-rechtlichen Grundversorgungsauftrags nicht zur Disposition. Gemäß geltendem MStV (vgl. § 2 (2) Ziff. 28) gehören dazu v.a. Angebote im Bereich Kabarett und Comedy, Filme, Serien, Shows, Talk-Shows, Spiele, Musik. Jede Verengung, z.B. auf einen elitären Unterhaltungsbegriff, ist abzulehnen. Die ARD-GVK hält es im Sinne des öffentlich-rechtlichen Grundversorgungsauftrags für unabdingbar, die Unterhaltung in § 26 (1) Satz 8 gleichberechtigt aufzuzählen. § 26 (1) Satz 9 MÄStV-E sollte entfallen.

2.3 Der vorgelegte MÄStV-E enthält nach Ansicht der ARD-GVK Formulierungen, die über das Ziel einer Profilschärfung von Unterhaltungsangeboten weit hinausgehen und Raum für Rechtsunsicherheiten schaffen:

2.3.1. Eine trennscharfe Abgrenzung unterschiedlicher Genres ist weder praktisch leistbar, noch rechtssicher durchführbar; eventuelle Gewichtungsvorgaben für einzelne Genres laufen daher ins Leere und wären von den Rundfunkräten auch nicht überprüfbar. Auf die Formulierung in eckiger Klammer („[im Schwerpunkt]“) in § 26 (1), Satz 8 MÄStV-E sollte daher verzichtet werden.

2.3.2 Vorgaben zur Platzierung von Angeboten bestimmter Genres laufen aus demselben Grund ins Leere, zumal nicht in jedem Einzelfall ex ante definiert werden kann, wo die Nutzung dieser Angebote "üblicherweise besonders hoch" ist; außerdem müssen die Anstalten durchgehend einen guten Mix hochwertiger Angebote aller Genres anbieten. Auf § 26 (1), Satz 10 MÄStV-E sollte daher verzichtet werden.

2.4 Die ARD-GVK ist der Ansicht, dass nicht gesetzliche Vorgaben, sondern allein die zuständigen Rundfunkräte (v.a. im Rahmen der Befassung mit der verbindlichen Selbstverpflichtung der Sender sowie der kontinuierlichen Beratung von Programmstrukturfragen in den Rundfunkräten) die Erwartungen des Normgebers in Sachen Profilierung der Unterhaltungsangebote befördern können.

2.5 Die ARD-GVK begrüßt, dass in der Formulierung des öffentlich-rechtlichen Auftrags in § 26 (1) MÄStV-E die Kultur eigens hervorgehoben wird. Die Kultur sollte entsprechend auch bei den Begriffsbestimmungen in Abschnitt I, § 2 (2) MStV ergänzt werden.

3. Kontrolle von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit

3.1 Eine verstärkte Rechenschaftslegung der Anstalten über ihre Anstrengungen, den Rundfunkbeitrag möglichst wirtschaftlich und sparsam zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags einzusetzen und die Ressourceneffizienz zu vergleichen (vgl. § 31 (2c) MÄStV-E), entspricht per se dem Anliegen aller Rundfunk- und Verwaltungsräte, deren Vorsitzende die entsprechenden Intentionen des Staatsvertragsgebers daher nur begrüßen können.

3.2 Die ARD-GVK regt an, die Begriffe "Wirtschaftlichkeit" und "Sparsamkeit" zur besseren Nachprüfbarkeit, Transparenz und Vergleichbarkeit im Sinne allgemeiner Haushaltsgrundsätze staatsvertraglich verbindlich zu präzisieren.

3.3 Die ARD-GVK und das Präsidium des ZDF-Fernsehrats haben bereits 2020 darauf aufmerksam gemacht, dass bei der Bewertung der wirtschaftlichen Verwendung des Rundfunkbeitrags auch Aspekte der Nachhaltigkeit zu berücksichtigen sind. Deswegen erscheint eine Klarstellung im Staatsvertrag angezeigt (analog zum NDR-Staatsvertrag). Sofern dies nicht erst im zweiten Teil des Reformprozesses (Finanzierung) möglich ist, sollte dies bereits bei der jetzigen Novellierung erfolgen oder zumindest in Aussicht gestellt werden.

3.4 Die ARD-GVK begrüßt den an vielen Stellen im MÄStV-E vorgesehenen Aufgaben- und Kompetenzzuwachs für die gesetzlichen Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Vorsitzenden der gesetzlichen Aufsichtsorgane weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die binnenplurale Kontrolle durch ehrenamtlich tätige Gremien wesentlicher Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist. Hilfreich wäre es, wenn diesem Sachverhalt dadurch Rechnung getragen würde, dass im Staatsvertrag auf die organisatorischen und personellen Voraussetzungen der (erweiterten) Aufsichtstätigkeit eingegangen wird:

3.4.1 Die ARD-GVK merkt an, dass eine angemessene Zuarbeit für die Aufsichtsorgane der ARD-Anstalten durch unabhängige Geschäftsstellen zuvorderst Aufgabe der ARD-Rundfunkanstalten und der KEF ist. Allerdings sollte der Staatsvertragsgeber klarstellen, dass der Finanzbedarf der Aufsichtsorgane separat anzumelden ist.

3.4.2 Der Normgeber sollte, etwa in Anlehnung an Public Corporate Governance Kodizes, klarstellen, dass Mindestanforderungen an die Aufsichtstätigkeit der Rundfunk- und Verwaltungsräte zu stellen sind. Unabhängig davon, ob diese im Einzelnen vom Normgeber selbst oder den Aufsichtsorganen vorgenommen werden, helfen solche Klarstellungen bei der Verbesserung der Aufsichtstätigkeit. Insbesondere in der föderalen ARD würden sie zu einer einheitlicheren Aufsichtsordnung mit definierten (auch unterjährigen) Berichtszeiträumen, klar geregelten Einsichtsrechten der Aufsichtsorgane sowie einem klaren Anspruch der ehrenamtlichen Mitglieder der Aufsichtsorgane auf angemessene Beratung durch unabhängiges hauptamtliches Personal in den Geschäftsstellen der Rundfunk-/Verwaltungsräte beitragen.

3.4.3 Die ARD-GVK macht in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam, dass sie gemäß ARD-Satzung auf untergesetzlicher Ebene auch selbst auf eine harmonisierte Aufsichtsordnung innerhalb der ARD bei den einzelnen Landesrundfunkanstalten hinwirkt, denen von den jeweiligen Ländergesetzgebern bzw. vom jeweiligen Staatsvertragsgeber unterschiedliche Vorgaben gemacht werden. Bspw. erhöhen unterschiedlich hohe Aufgreifschwellen für Zustimmungsvorbehalte der Aufsichtsorgane in den einzelnen Landesrundfunkgesetzen bzw. Staatsverträgen den im föderalen Senderverbund ohnehin gegebenen Koordinierungs- bzw. Harmonisierungsbedarf zusätzlich.

4. Weitere Flexibilisierung der Beauftragung

4.1 Im Bereich der Telemedien beauftragt der Normgeber bereits seit dem 12. RÄStV aus dem Jahr 2009 nicht mehr selbst explizit einzelne Angebote (z.B. ard.de oder sportschau.de). Vielmehr beauftragt er grundsätzlich Telemedien und überlässt das Nähere einem von den Rundfunkräten durchzuführenden Verfahren. Dieser Modus hat sich grundsätzlich bewährt, weshalb eine entsprechende Flexibilisierung des Beauftragungsmodus per Verfahren (z.B. auch bei einem Switch-over von linearem Kanal zu Telemedium oder einem linearen Kanaltausch) zu begrüßen ist.

4.2 Ausdrücklich zu begrüßen ist nach Ansicht der ARD-GVK, dass gemäß § 32a (5) MÄStV-E auch Innovationen im Linearen möglich sein sollen, indem – zwar immer nur im Gegenzug zur Aufgabe eines alten Kanals – auch neue Fernsehkanäle konzipiert, geprüft und ggf. umgesetzt werden können.

4.3 Die ARD-GVK bittet um Prüfung, unter welchen Bedingungen das neue schlankere Verfahren gemäß § 32a MÄStV-E auch Vorbild für das etablierte Verfahren nach § 32 MStV sein kann, was die obligatorischen Marktgutachten betrifft. Hier sollte vom Normgeber definiert werden, ab welcher Aufgreifschwelle (d.h. ab welcher absehbaren Intensität der Marktauswirkungen) ökonomische Gutachten verpflichtend sein sollen. Dies scheint im Sinne einer zügigen sowie sparsamen und wirtschaftlichen Verfahrensdurchführung dringend geboten.

4.4 Wenn aus validen Gründen nach Durchführung des entsprechenden Verfahrens ein Fernsehkanal in ein non-lineares Angebot überführt oder gegen einen neuen Fernsehkanal ausgetauscht wird, dann resultiert dies ggf. in einem finanziellen Mehrbedarf. Das geplante Gebot der Kostenneutralität (vgl. § 32a (6) MÄStV-E) verstößt nach Ansicht der ARD-GVK klar gegen den Anspruch der Anstalten auf bedarfsgerechte Finanzierung.

4.5 Dass nutzerzahlenabhängige Verbreitungskosten außer Acht bleiben sollen (vgl. § 32a (6) MÄStV-E), ist aus Sicht der ARD-GVK richtig, es zeigt aber auch, dass die Anstalten in der Etatplanung und -steuerung entsprechend finanziell flexibel sein müssen ("nötiger Liquiditätspuffer"). Beide Punkte (4.4 und 4.5) sollten ggf. in Phase II des Reformprozesses wieder aufgegriffen und beraten werden.

4.6 Die ARD-GVK hält das neue Paradigma einer flexiblen Beauftragung per Verfahren für richtig (vgl. Nr. 4.1), sofern die auf diesem Weg erfolgende Beauftragung gleichwertig zur direkten gesetzlichen Beauftragung ist. Für 3sat und ARTE als länderübergreifend beauftragte, internationale Angebote erscheint eine Beibehaltung der direkten gesetzlichen Beauftragung nachvollziehbar. Die ARD-GVK gibt zu Protokoll, dass sie das Votum einzelner Rundfunkräte zwar nachvollziehen kann, auch der von ARD und ZDF gemeinsam veranstaltete Kinderkanal Ki.KA möge weiterhin direkt gesetzlich beauftragt werden, um die besonderen Vorteile einer linearen Ausstrahlung gerade dieses Angebots zu unterstreichen. Sofern es jedoch keine Beauftragung "erster und zweiter Klasse" gibt und geben kann, hält sie dies für nicht zwingend erforderlich.

5 Generelle Anmerkung

Im Text des MStV sollte das Wort "Gremien“ durch eindeutigere Formulierungen ersetzt werden, bei allgemeiner Nennung bspw. durch"die gesetzlichen Aufsichtsorgane", bei konkreter Nennung durch "Rundfunkrat bzw. Verwaltungsrat" oder "die Gremienvorsitzendenkonferenz der ARD".

17.1.2022